Neues Zuhause für die Initiative „Willkommen in Köthen“
Martinskirche Große Freude bei Helfern von „Willkommen in Köthen“
Foto: Heiko Rebsch / © MZ
Köthen | Die Heimatlosigkeit ist beendet, zumindest für die Initiative „Willkommen in Köthen“. Am Freitagnachmittag nahmen bei einem kleinen Fest und im Beisein etlicher Gäste Vertreter der Initiative ihr neues Büro in der Köthener Martinskirche in Besitz. Etwas später als geplant, da Landrat Uwe Schulze „einfach schlecht von Magdeburg nach Köthen durchgekommen ist“, wie er sagte.
Initiative Willkommen in Köthen ist Preisträger des „Steh-auf-Preises“ 2017
Feierliche Verleihung des „Steh-auf-Preises“ 2017
Potsdam | Die F. C. Flick Stiftung hat zum dritten Mal den Steh-Auf-Preis für Toleranz und Zivilcourage verliehen. Er wurde am Donnerstagabend bei einer festlichen Veranstaltung in der Potsdamer Staatskanzlei an einen Preisträger und drei preiswürdige Bewerber verliehen. Preisträger ist die Willkommensinitiative zur Unterstützung von Flüchtlingen aus Köthen (Sachsen-Anhalt). An der Verleihung nahm auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier teil.
Kanzlerin Merkel bedankt sich persönlich bei Flüchtlingshelfern
Initiative „Willkommen in Köthen“ von Bundeskanzlerin Merkel geehrt.
Foto: privat
Köthen | Sie haben geholfen, als Fremde ihre Hilfe brauchten. Spontan. Und ohne dafür bezahlt zu werden. Dafür wollte Angela Merkel einfach mal „Danke“ sagen.
Die Bundeskanzlerin würdigte am Freitag in Berlin rund 140 ehrenamtliche Flüchtlingshelfer aus ganz Deutschland. Unter ihnen war Petra Fritsche aus Köthen.
Imagefilm – Köthener Initiative wirbt mit berühmter Stimme
Der Imagefilm wirbt für ein weltoffenes Köthen.
Foto: Screenshot „Willkommen in Köthen“ © MZ
Köthen | Ein Polizist und ein Flüchtender umarmen sich, Menschen verschiedener Kulturen machen zusammen Sport, musizieren und lachen gemeinsam, Kinder entdecken den Tierpark, ein Tisch wird mit Spezialitäten aus fernen Ländern gedeckt. Das sind Szenen des alltäglichen Lebens der Initiative „Willkommen in Köthen“.
Anlässlich des ersten Jubiläums Anfang September hat das Netzwerk einen Imagefilm veröffentlicht, um diese Erlebnisse festzuhalten, zu teilen und einen Einblick zu geben. „Nach einem Jahr ist es gut, das Signal zu geben, dass wir mit gleicher Leidenschaft, Freude am Miteinander und Liebe zur Stadt den bereits eingeschlagenen Weg weitergehen“, erklärt Koordinator Tom Aslan.
Nach Attacke im Friedenspark – Flüchtlingsinitiative sucht Vorbilder für Jugendliche
Ideen zur Verbesserung der Integration von Jugendlichen.
Foto: Heiko Rebsch / © MZ
Bei einer Gesprächsrunde stellte Tom Aslan (Mitte) die Ideen der Initiative „Willkommen in Köthen“ vor.
Köthen | Friedlich? Nein, friedlich sei der Friedenspark nicht mehr, macht Tom Aslan deutlich. Der Koordinator der Initiative „Willkommen in Köthen“ beobachtet seit Längerem, dass es dort zu Auseinandersetzungen kommt: zwischen Flüchtlingen und Flüchtlingen, zwischen Flüchtlingen und Deutschen, zwischen Deutschen und Deutschen.
Jugendliche sollen besser integriert werden
Warum treiben sich Jugendliche im Friedenspark herum – sowohl deutsche Jugendliche als auch unbegleitete minderjährige Ausländer? Wie kommen Kinder und Jugendliche an Alkohol? Diese Fragen stellen sich die Mitglieder von „Willkommen in Köthen“ schon länger.
Flüchtlingen helfen – Zehn Integrationslotsen für Anhalt-Bitterfeld
Die beiden Mitglieder der Initiative „Willkommen in Köthen“ Rita Exner und Petra Fritsche werden Integrationslotsen.
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Landrat Uwe Schulze (r.) und Dezernent Bernhard Böddeker ernennen Rita Exner (2.v.l.) und Petra Fritsche aus Köthen zu Integrationslotsen.
Köthen | Zehn Frauen und Männer haben am Montagnachmittag aus den Händen von Landrat Uwe Schulze ihre Ernennungsurkunde als Integrationslotsen erhalten.
Sie werden künftig im Ehrenamt Flüchtlinge bei der Integration und der Bewältigung des Alltags helfen. Die Lotsen sind insbesondere für die rund 1.800 in Wohnungen untergebrachten Asylbewerber bzw. Asylberechtigten zuständig.
Villa Creutz – Geflüchtete gestalten Garten
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Maher Halilo (li.) und Hausherr Tom Aslan überlegen, wie sich der Garten der Villa Creutz weiter gestalten lässt.
Köthen | Für Maher Halilo und Nawras Akeel ist es „ein wunderbarer Ort“: Der Garten der Villa Creutz in der Köthener Friedrich-Ebert-Straße. „Ein schöner Garten, an dem aber noch einiges gemacht werden muss“, findet der 34-jährige Halilo. Hinter der kleinen Freilichtbühne im schmalen aber sehr langgestreckten Garten der einstigen Bankiersvilla ist viel Freiraum für Beete, Blumen und Bäume. Doch an vielen Stellen wuchert zwischen den Bäumen das Grün, scheint dem Gelände die Form zu fehlen. Die beiden Syrer wollen das ändern und haben begonnen den Garten zu gestalten.
Straßenfest in Köthen – Speisen in der Innenstadt
Die Initiative „Willkommen in Köthen“ organisiert ein Straßenfest in der Köthener Innenstadt.
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Jeder brachtes Speißen und Getränke mit.
Köthen | Ein Vogel müsste man sein. Oder zumindest oberhalb der zweiten Etage wohnen. Dann nämlich, aus angemessener Höhe, kann man die Botschaft sehen. Sie lautet: „Wenn du mehr hast als du brauchst, baue nicht höhere Zäune, sondern längere Tafeln.“ Und sie steht auf den Decken einer lange Reihe aus Tischen geschrieben, die sich am Sonnabend vom Kugelbrunnen bis fast zum Bärplatz erstreckte.
Ziel des Straßenfestes „So gut is(s)t Köthen“ war es, viele Menschen in der Innenstadt bei einem gemeinschaftlichen Abendbrot zusammenzubringen – Geflüchtete und alteingesessene Köthener gleichermaßen. Organisiert wurde das Ganze von der Initiative „Willkommen in Köthen“, aber auch mit Unterstützung der Stadt, der Jakobsgemeinde der Werbegemeinschaft und dem Verein rondo la kulturo.
Gemeinschaft bleibt stark
Die Initiative „Willkommen in Köthen“ trotzt Kritik und Vandalismus. Trotz enormen Druck bleiben die Helfer stark.
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Im Januar wurden die Fensterscheiben eingeworfen, worüber sich Diana Pelzer (links) und Rita Exner sehr geärgert haben.
Köthen | Eingeworfene Scheiben, ein abgerissener Briefkasten, angesprühte Hakenkreuze … Hinzu kommen abfällige Bemerkungen im Familien- und Freundeskreis. Und nicht zuletzt Gerüchte in den sozialen Netzwerken, die mit der Realität so gar nichts zu tun haben.
Der Druck auf die Mitglieder der Initiative „Willkommen in Köthen“ wächst. Sie müssen sich ständig dafür rechtfertigen, anderen Menschen zu helfen. „Allein würde ich das nicht aushalten.“ Diesen Satz hat Tom Aslan nicht erst einmal gehört. Er koordiniert die Gemeinschaft.
Helfer bleiben stark
Das Überraschende: Trotz des enormen Drucks hat noch kein Helfer aufgehört. Ganz im Gegenteil. „Es kommen neue dazu“, sagt Tom Aslan. Dafür hat er eine einfache Erklärung: „Wir sind eine starke Gemeinschaft.“
Ein Positivbeispiel für Willkommenskultur
Die Initiative „Willkommen in Köthen“ präsentierte beim Tag der offenen Tür ihre Erfolge bei der Schülerbetreuung, Hilfen im Alltag und Integration. Und zeigt, wie ein tolerantes Miteinander funktioniert.
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Deutsche und Syrer haben für die Gäste des Tages der offenen Tür Kuchen und Kekse gebacken.
Köthen | Neun Monate gibt es inzwischen die Initiative „Willkommen in Köthen“, die sich um Menschen bemüht, die vor Krieg, Umweltzerstörung und wirtschaftlichen Katastrophen bis nach Köthen flüchteten. Etwa einhundert Engagierte sind aktuell bei der Initiative gelistet, die am Samstagnachmittag die Türen für all diejenigen öffnete, die sich aus erster Hand über das hoch kontrovers diskutierte Thema Flüchtlinge informieren wollten.
Bereits um 14 Uhr waren die bescheidenen Räumlichkeiten in der Schalaunischen Straße 33 rappelvoll. „New Villa“ nennen die Betreiber das Domizil in Anlehnung an das „Geburtshaus“ der Initiative, die „Villa Creutz“ in der Friedrich-Ebert-Straße.
Neben anderen Engagierten begrüßte Petra Fritsche, die mit Rita Exner und Diana Pelzer als Koordinatorin die Initiative unterstützt, die zahlreichen, bunt gemischten Gäste. Sprachkurse, Schülerbetreuung, Kleiderkammer, gemeinsames Kochen und Alltagsunterstützung sind das Aufgabenspektrum, das man sich gesetzt hat. „In den letzten Wochen ist der Sprachunterricht etwas zurückgetreten hinter Aktivitäten, die Menschen bei uns zu integrieren“, erklärt Petra Fritsche und kann ergänzen: „Inzwischen gibt es genug Anbieter, die sich um die sprachliche Bildung unserer Gäste kümmern.“
Dankesbrief dreier Syrer geht um die Welt
Ein Brief geht um die Welt – oder vielmehr die Nachricht über einen Brief. Drei Syrer schrieben ihn, wollten sich nur bei den Frauen aus Köthen, die ihnen halfen, bedanken. Nun wird international darüber berichtet.
Foto: Heiko Rebsch / © MZ
In ihrem Brief bedanken sich Mohammad Sherro (hier mit seinem kleinen Sohn) sowie Mohammad Allhham und Suleiman Aljohmani auch dafür, in Köthen eine Zuflucht gefunden zu haben.
Köthen | Mit dieser Resonanz hatte niemand gerechnet. Weder die Flüchtlinge noch die Mitglieder der Initiative. Seitdem drei Männer aus Syrien einen Brief an die deutschen Frauen geschrieben und sich darin für deren Hilfe bedankt haben, ist Köthen in aller Munde. Als Lichtblick in einer Zeit, in der schlechte Nachrichten die Medien beherrschen.
Vor einer Woche hatte die MZ über den Brief berichtet – und damit eine regelrechte Lawine losgetreten. Verschiedenste Medien haben die Nachricht aufgegriffen und über den Brief der Flüchtlinge geschrieben, die die Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht in Köln „ekelhaft“ und „unmenschlich“ nennen, sich für die Täter schämen – mehr noch: sich von ihnen distanzieren.
14-Jähriger Syrer als Vermittler
Der 14-jährige Ameer aus Syrien betreut eine Facebook-Gruppe. Er macht unter anderem auf Veranstaltungen in Köthen aufmerksam. Auf Arabisch.
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Ameer (rechts) aus Syrien hat eine Facebook-Gruppe gegründet, in der er Flüchtlinge unter anderem über Veranstaltungen in Köthen informiert. Tom Aslan von der Initiative „Willkommen in Köthen“ hatte die Idee dazu.
Köthen | Ameer hat einen Wunsch. Einen großen Wunsch. Er möchte zur Schule gehen. Lesen und schreiben kann der Junge aus Syrien zwar schon. Aber eben Arabisch – und nicht Deutsch. Das will er lernen. Unbedingt.
Mit seiner Schwester und deren Mann ist Ameer nach Deutschland geflohen. Seine Eltern sind in Damaskus geblieben. Die Flucht wäre zu anstrengend gewesen. „Sie wollen auch nach Deutschland kommen“, sagt der 14-Jährige. Er hofft, seine Mutter und seinen Vater bald wiederzusehen, mit ihnen in Sicherheit leben zu können. Und er möchte so schnell wie möglich die Schule besuchen.
Das kann Ameer nämlich noch nicht. Er muss sich gedulden, bis er das entsprechende Okay hat. Die Zeit des Wartens. Sie ist lang – und langweilig.
Wie Ameer geht es auch anderen Jungen und Mädchen. „Deswegen haben wir uns Gedanken gemacht, wie wir die Kinder in der Zwischenzeit an die deutsche Sprache heranführen können“, sagt Tom Aslan. Er gehört zur Initiative „Willkommen in Köthen“ und kümmert sich um Flüchtlingsfamilien.
Köthener wollen bei praktischen Dingen helfen
Köthener Bürger wollen Flüchtlingen helfen und gründen dazu eine Initiative. Sie haben sich viel vorgenommen, etwa Sprachkurse, die Begleitung zu Ärzten und Ämtern und eine Hausaufgabenbetreuung.
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Mohamed und sein Vater Hamu Misgin aus Syrien zählen zu den Flüchtlingen, die schon früh nach Deutschland kamen. Frühzeitig bemühte man sich in Köthen auch, eine Anmutung von Alltag für die Migranten herzustellen: Vom Angelclub 66 wurden sie zum Kinderangeltag eingeladen.
Köthen | Der Name ist Programm: „Willkommen in Köthen – Weltoffen & Bunt“ heißt die neu gegründete Initiative engagierter Köthener Bürger, die Flüchtlingen helfen wollen. Nachdem die Organisation vergangenen Freitag aus der Taufe gehoben worden war, soll es in dieser Woche richtig losgehen. Die Mitglieder der Initiative haben sich viel vorgenommen.
Sprach- und Integrationskurse wolle man anbieten, sagt Tom Aslan, einer der Organisatoren. Rita Exner, Ex-Bürgermeisterin von Radegast, und Petra Fritsche, Schriftführerin im SPD-Ortsverein, werden die Geschicke der Initiative künftig koordinieren. Als Sprecher zu Seite stehen ihnen SPD-Stadträtin Kerstin Beutler und Vikar Martin Olejnicki. Die Schirmherrschaft hat Kreisoberpfarrer Dietrich Lauter übernommen.
Doch mit den Kursen ist es nicht getan. „Wir werden die neuen Köthener auch bei Arztbesuchen und Ämterterminen begleiten“, so Aslan. „Die Begleitung ist bei solchen Termine besonders wichtig, um den Leuten die Angst zu nehmen.“
Für Flüchtlingskinder wollen die Mitglieder außerdem eine Hausaufgabenbetreuung einrichten. Die Räume für alle diese Aktionen stellt die Nichtregierungsorganisation „Global Change Now“ zur Verfügung: Sprachkurse und Co werden in der Villa Creutz, Friedrich-Ebert-Straße 17, stattfinden.